logoTeilspange Güterbahnhof-Liebegg – Teilprojekt der «Engpassbeseitigung St.Gallen»
Gegen den Autobahnanschluss am Güterbahnhof

Aussagen und Behauptungen der Befürworterseite des Zubringers Güterbahnhof-Liebegg, was davon stimmt und was übertrieben, irreführend oder falsch ist.

Stand 9. Dezember 2022

Behauptung: Das Volk hat 2016 dem Zubringer Güterbahnhof-Liebegg an der Urne zugestimmt.

 

Fakt ist:

Die Abstimmungsfrage 2016 lautete: «Wollen Sie dem Initiativbegehren "Für ein lebendiges Areal
Güterbahnhof ohne Autobahnanschluss" zustimmen?»

Absicht der Initiant:innen war, den möglichen Autobahnschluss bereits im Ideenstadium zu verhindern. Doch eine Realisierung erschien vielen unwahrscheinlich. Hingegen hielt man das Festschreiben eines solchen Artikels In der Gemeindeordnung, also der Verfassung der Stadt, als übertrieben. Unliebsame Bauvorhaben via Gemeindeordnung zu blockieren, war für viele der falsche Weg.

Eine Realisierung der Teilspange schien allein schon aus finanziellen Gründen unwahrscheinlich. Die Wunschliste in Sachen Nationalstrassenprojekte war lang, St.Gallen für den Bund sicher nicht hochprioritär.

Seit 2016 ist viel passiert:

  • Die Schaffung eines Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) ein Jahr später änderte die finanzielle Ausgangslage des Bundes drastisch. Plötzlich war genug Geld vorhanden.
  • Der Klimawandel wurde inzwischen einer breiten Bevölkerung bewusst. Die Bewegung «Fridays for Future» und «Klimastreik Schweiz» entstanden erst Ende 2018.
  • Gegen das Reglement für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung wurde vom Gewerbe, SVP, FDP und CVP (heute Die Mitte) die «Mobilitätsinitiative» eingereicht. Diese wurde 2018 an der Urne mit 69% Nein abgelehnt.
  • Die Zusammensetzung des Stadtparlaments hat sich 2020 geändert. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Parteien, welche die Teilspange befürworteten, auch deswegen Sitze verloren haben.
  • Auf Druck der beiden Initiativen des Vereins «umverkehR» wurde vom Stadtparlament ein Gegenvorschlag angenommen, welche die eingeschlagene Verkehrspolitik stützt
  • Die Testplanung zum Anschluss im Güterbahnhof hat aufgezeigt, dass der Autobahnanschluss am Güterbahnhof zu «zusätzlicher Versiegelung von Flächen zur Hitzeinsel-Bildung» beiträgt und die Verkehrsträger zulasten «des Fuss- und Veloverkehrs sowie des öffentlichen Verkehrs» verschiebt, «was den Zielen des städtischen Mobilitätskonzeptes 2040» zuwiderläuft. Es konnte «keine Lösung für eine qualitative städtebauliche Integration des Anschlusses Güterbahnhof (...) gefunden werden.»
  • Politikwissenschafter Silvano Moeckli, emeritierter HSG-Professor im Tagblatt vom 9.11.2022: Der Widerstand gegen den Autobahnzubringer sei im Vergleich zu 2016 breiter geworden. Hinzu komme der allgemeine Kontext des Klimawandels.

Die Ausgangslage hat sich verändert, wir wissen heute mehr.

Mehr zur Güterbahnhof-Initiative von 2016

Bei der Autobahn ist matchentscheidend, dass der Verkehr rasch aus der Stadt abfliesst und rasch in die Stadt gelangen kann.
Walter Locher, Präsident der IG Engpassbeseitigung St.Gallen

Fakt ist:

Es kann nur soviel Verkehr in die Stadt gelangen, wie diese aufzunehmen vermag. Zusätzlichen Verkehr in die Innenstadt zu leiten, ist unsinnig. Der unvermeidbare MIV mit Ziel Zentrum ist auf direktem Weg in die grossen Parkgaragen zu leiten. Dieser Weg führt nicht durch die Innenstadt.

«Das ist das Geniale an der aktuellen Lösung: Alles ist unterirdisch.»
(Walter Locher, Präsident der IG Engpassbeseitigung St.Gallen)

Fakt ist:

Unterirdisch, aber nicht genial: Der Bau von Tunnels erzeugt ungleich mehr CO2 als der Bau von Strassen an der Oberfläche. Es ändert sich nichts daran, dass der Verkehr irgendwo in das städtische Strassennetz hineinfliessen muss. Im Schlussbericht zur Testplanung werden die Nachteile für den öffentlichen, den Velo- und den Fussverkehr bei der St. Leonhard-Brücke beschrieben.

Verdrängt wird die Sicherheitsfrage. Noch 2014, als unter dem Regime des damaligen Stadtrats ein Kreisel vorgeschlagen wurde, wurde dieser vom Astra aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Als man dann später die Kosten detaillierter berechnete, waren erstens der Feldlitunnel nur noch je einspurig pro Richtung und zweitens statt den unterirdischen kreuzungsfreien Über- und Unterwerfungsrampen nun ein Kreisel zu finden, ein doppelspuriger wohlgemerkt. Doppelspurige Kreisel sorgen schon überirdisch für manche Unsicherheit.

Sicherheitsdefizit

 

Die munteridischen Bauten erzuegen während der Bauzeit ungleich mehr CO2 als überirdische.

Die Gegner sind gegen Fortschritt. (Liliane Kobler (FDP) im Stadtparlament)

Fakt ist:

«Fortschritt» ist eine Frage der Definition. Es gibt unterschiedliche Arten, fortzuschreiten. Wir haben andere Vorstellungen von einer fortschrittlichen Verkehrsentwicklung.

 

Ohne den Bau des Zubringers Güterbahnhof-Liebegg würde sich nicht nur die Erreichbarkeit von Teufen, Bühler und Gais sondern auch des Kantons Appenzell Innerrhoden in Zukunft massiv verschlechtern.

Fakt ist:

Von Innerrhoden ist man schon heute via Hundwil–Herisau–Gossau schneller und direkter auf der A1. Von der Teilspange profitieren lediglich 12'000 Einwohner in Teufen, Bühler und Gais.

Eine breite Velofahrstrasse, auf welcher der E-Bike-Fahrer das Lastenvelo überholen kann. Ganze Strassenabschnitte als 30er-Zone. Kreuzungen ohne Lichtsignalanlagen und eine neue Fahrradbrücke über die Bahngeleise. Der Langsamverkehr profitiert vom Verschwinden der schweren Fahrzeuge im Liebeggtunnel. ... Die Ost-West-Achse wird weiterhin von der verkehrsbelasteten Geltenwilerstrasse durschnitten.
(Komitee "Unser Lebensraum")

Die Testplanung des Güterbahnhofareals zeigt auf, dass für Velofahrende gute Wege möglich sind: eine autofreie Strasse durch das Areal und die Zylipasserelle als neue Verbindung zum Otmarquartier.

 

Fakt ist:

Velopendelnde suchen schnelle und direkte Verbindungen. Von der Davidstrasse mag man zwar einfacher (aber wohl kaum ohne Lichtsignalanlage) auf das Güterbahnhofareal gelangen, doch dessen Durchfahrt wird schwieriger. Die geplante Begegnungszone mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 20 km/h mag für Familien mit Kindern und für Leute, die auf Spazierfahrt sind, schön sein, nicht aber für Alltagsvelofahrende, die es eilig haben. Probleme gibt es ausserdem bei der Verbindung zur Velovorzugsroute der Stadt.

Der Platz beim Tunnelportal Oberstrasse ist begrenzt. Es ist fraglich bis unwahrscheinlich, dass hier ein echter Radweg gebaut werden kann. Der Bahnübergang hat zudem die Attraktivität der Route so schon reduziert.

Die neue Ost-West-Veloschnellroute ist auf der Burgstrasse-Paradiesstrasse, nördlich der Gleise unabhängig von der Teilspange vorgesehen. Doch die Auffahrt dazu bei der St.Leonhard-Brücke wird durch den geplanten Ausbau der Kreuzung dort massiv behindert.

Die Zylipasserelle, eine Brücke über die Gleise bei der Otmarkirche, ist keine exklusive Velobrücke. Auch sie soll unabhängig der Teilspange realisiert werden.

Platzmangel am Ausgang Oberstrasse

Mehr zur Situation an der Kreuzung bei der St.Leonhard-Brücke

Der Anschluss am Güterbahnhof kommt unterirdisch zu liegen. Für die Überbbaung und Nutzung des Areal gibt es also keine Einschränkungen.

Fakt ist:

Auf die Tunnelbauten kann nicht bzw. nur mit viel zusätzlichem Aufwand gebaut werden. Unterkellerungen sind keine möglich. Auch die Umgebungs- und Strassenraumgestaltung über den unterirdischen Strassenbauten ist einegschränkt.
Auf dem Stephanshorntunnel, ebenfalls ein Tagbautunnel, dürfen nicht einmal grosse Bäume oder einfach Hütten erstellt werden. Auch ein Teich ist vom Astra verboten.

Möglich, dass die Tunnelabdichtung nach 30 bis 40 Jahren saniert oder ersetzt werden muss. Autobahndeckel bedürfen einer periodischen Sanierung. Abdichtungen sind zu erneuern, siehe Harzbüchel- und Lindentalgalerie. Auch die Nutzung der Dachs des Stephanshorntunnels ist eingschränkt. So wurde die Nutzung mit der Auflage eingeschränkt, dass bei einer mögliche Sanierung 2035 die Überdeckung entfernt werden müsste.

Tunnelabdichtungen halten nicht ewig, siehe Harzbüchelgalerie

 

«Aus ideologischen Gründen wird hier der Bürger ausgebremst.»
(Stephan Ziegler, stgallen24.ch)

Fakt ist:

«Mit dem Autobahnanschluss Güterbahnhof hat die Stadt St.Gallen eine Chance, bestmöglich mit der Tatsache Verkehr umzugehen.» (Stephan Ziegler, stgallen24.ch).
Auch dies ist kann als eine klar ideologische Aussage ausgelegt werden.

Im Idealfall, geht es nach den Vorstellungen jener, die solche Thesen vertreten, kann von zuhause zur Arbeit, zum Einkaufen und zur Freizeiteinrichtung immer das Auto gewählt werden. Man steht nirgends an und Parkplätze sind überall genügend vorhanden.

Diese bedingt autogerechte Städte. Die gibt es. Sie wurden alle nach der Massenmotorisierung erbaut, moderne Städte in den USA, neue arabische Städte, wo jedes Quartier kreuzungsfrei erschlosssen ist oder die deutschen Städte, die nach dem Krieg autogerecht wieder aufgebaut wurden. Doch selbst in Las Vegas, Dubai und Halle Neustadt staut sich der Verkehr – ein Blick auf Live-Verkehrskarten genügt.

Diese neuen Städte vereint die Eigenschaft, dass die innerstädtischen Distanzen gross sind, die Strassenräume menschenfeindlich, der Aufenthalt ist nur in speziellen Parks angenehm. Mit ÖV sind sie unter- oder gar nicht versorgt und für das Velo sind die Wege zu lang. Ohne Auto geht nichts.
Eine historisch gewachsenen Stadt wie St.Gallen diesem Ideal anzupassen, ist ohne grossflächige Gebäudeabrisse unmöglich.

Beispiele: Springfield USA, Dubai oder Halle Neustadt. Mehr dazu hier

Den grössten Kostenanteil übernimmt der Bund. Dieser wird sich mit dem Entscheid des Stadtparlaments nun gut überlegen, den Ausbau der dritten Röhre durch den Rosenberg ohne Teilspange prioritär zu behandeln. Stattdessen kann er Projekte in anderen Landesteilen der St. Galler Stadtautobahn vorzuziehen.

Fakt ist:

Dem ist so. 200 bis 250 Mio. CHF muss aber «die Region» bezahlen. Die Stadt bleibt mindestens auf den Kosten für die flankierenden Massnahmen sitzen. Wie hoch diese ausfallen, ist noch unklar, denn Art und Umfang der Massnahmen ist Stadtsache. Gratis wird es für die Stadt sicher nicht. Und: wer bezahlt, befiehlt.

870 Mio. sind für 3km Strasse zuviel. Auch Bundesgelder sind Steuergelder. Tatsächlich liegt viel Geld im NAF-Topf. Doch ist dieses Projekt aus gesamtschweizerischer Sicht eine Fehlinvestition. Andernorts wäre mit diesem Betrag mehr Nutzen möglich, selbst wenn man an der Strassenbindung festhält. Falls das Geld in St.Gallen nur eingesetzt wird, weil es halt vorhanden ist, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob der Strassenbau überfinanziert ist. Darüber müsste die Diskussion geführt werden.

Das Mobilitätswachstum führt zu Engpässen auf der Nationalstrasse und deren Zubringer gefolgt von Überlastung auch auf dem städtischen Strassennetz.
Diese Mobilität werde weiter zunehmen und dafür brauche es funktionierende Infrastruktur.

Fakt ist:

Die Verkehrsverbindung über die A1 und das innerstädtische Strassennetz sind schon sehr lange überlastet; würde man jetzt nichts machen, und der Verkehrentwickle sich wie vorausberechnet, dann ginge 2030 praktisch überall nichts mehr.
(Walter Locher (FDP) in Leader August 2022)

 

Mit zunehmender Infrastruktur werden wir mobiler und die zunehmende Mobilität braucht einen weiteren Infrastrukturausbau...

Ist die Verkehrsmenge bei Strassen mit einer grösseren Kapazität effektiv die gleiche ist, wie bei einem Engpass mit Staus?
Hängt die Wahl des Ziels und des Verkehrsmittels nicht davon ab, wie schnell dieses erreichbar ist?

Der Verkehr wächst parallel zur Bevölkerung. Wenn er stärker zunimmt, dann geschieht dies aufgrund begünstigender Rahmenbedingungen.

Der Mensch misst Distanzen nicht in Kilometer, sondern in Minuten. Jede neue Strasse, aber auch jede neue Schiene, jede neue Bus- oder Bahnlinie, verkürzt die Distanz. Durch eine Engpassbeseitigung oder eine Kapazitätserweiterung erreicht man sein Reiseziel schneller. Man kann aber in der gleichen Zeit auch an ein ferneres Ziel gelangen.
Wäre Zürich innert 20 Minuten erreichbar, würden der Verkehr nach Zürich auch zunehmen. Gäbe es eine Brücke nach Friedrichshafen, würde sie auch benützt.

Diese Aussagen werden oft als ideologisch bezeichnet.
Sie lassen sich aber durchaus wissenschaftlich stützen:

Die A1 hat nur 20 bis 25% Durchgangsverkehr. 75 bis 80% benützen somit einen Anschluss auf Stadtgebiet. Daher, so die Logik der Befürwortenden, müssen die Kapazitäten der Anschlüsse proportional zur Durchgangskapazität der A1 angepasst werden. Warum gilt dies nicht für die Anschlüsse Neudorf und St.Fiden? Auch dort bilden sich zur Rush-Hour Rückstaus.

Müsste, um Engpässe zu vermeiden, nicht auch das untergeordnete Netz innerhalb der Stadt proportional ausgebaut werden? Dies geht aus Platzmangel nicht. Doch warum soll man zusätzlichen Verkehr ins Zentrum führen, wenn er dort nicht aufgenommen werden kann?

Es geht nicht darum, zusätzliche Strassenkapazitäten anzubieten. Die neue Strassenverbindung wird den ÖV deshalb kaum konkurrenzieren.
(Bundesrat in der Botschaft zu Step 2030)

Fakt ist:

Diese Aussage ist klar falsch. 2018 wurde mit dem Bau des Ruckhaldetunnels das ÖV-Angebot vom Zentrum St.Gallens nach Teufen und ins Appenzellerland massiv verbessert und erweitert. Ziel war die Verlagerung des Verkehrs auf den ÖV.

Zwischen Teufen und dem Hauptbahnhof St.Gallen verkehren Züge der Appenzeller Bahnen im Viertelstundentakt. Eine parallel verlaufende Schnellstrasse wird dem genannten Ziel entgegenwirken und der Auslastung dieser Züge massiv zusetzen.

«Man fragt sich schon, für wen die Stadtparlamentarier eigentlich politisieren – für sich oder für die Menschen, die sie gewählt haben?»
(Stephan Ziegler, stgallen24.ch)

Fakt ist:

Die Haltung der Stadtparlamentarier:innen bzw. deren Parteien zur Teilspange war schon bei der Wahl 2020 bekannt. Die Wählenden haben sie u.a. auch deswegen gewählt.

Die Aussage, neue Strassen würden Mehrverkehr bringen, stimmt nicht. Sie ist ideologisch. «Der Verkehr ist da, ob man ihn zu verhindern oder zu verflüssigen sucht.»
(Stephan Ziegler, stgallen24.ch)

Fakt ist:

Entscheidend für die Wahl eines Ziels ist die Zeit, die benötigt wird, um es zu erreichen, nicht die Distanz, die zurückgelegt werden muss.

Neue Strassen vergrössern zweifellos die Verkehrsmenge.  Jede neue Verkehrsverbindung bietet neue Möglichkeiten. Dies gilt im Übrigen auch für den öffentliche Verkehr. Und selbst für Wanderwege gilt diese Aussage. Eine neue Hängebrücke zieht zusätzliche Wanderer an.

Wenn es ums Pendeln oder Reisen geht, messen Menschen Distanzen nicht in Kilometer, sondern in Minuten. Jede neue Strasse, aber auch jede neue Schiene, jede neue Bus- oder Bahnlinie, verkürzt die Distanz. Durch eine Engpassbeseitigung oder eine Kapazitätserweiterung erreicht man sein Reiseziel schneller.

Man kann aber in der gleichen Zeit auch an ein ferneres Ziel gelangen.

Durch den Bau des Zubringers Güterbahnhof-Liebegg wird der Verkehr verflüssigt.

Fakt ist:

Der Verkehr wird bis zum nächsten Knoten verflüssigt. Dann steht er wieder. Gerade für die Verkehrsbeziehung Teufen–St.Margrethen kann keineswegs von Verflüssigung die Rede sein. Worin liegt der Unterschied, ob man nun vom Schorentunnel kommend am Knoten St.Leonhard-Kreuzbleiche, oder vom Güterbahnhof kommend vor der St.Leonhard-Brücke ansteht, bevor man das Zentrum erreicht?

Die Kapazität einer Strasse wird durch deren engste Stelle und durch die Durchlässigkeit der Konten bestimmt.

Der Verkehr staut sich heute schon täglich auf der Autobahn.
Die 1987 eröffnete Stadtautobahn St.Gallen ist chronisch überlastet.

Fakt ist:

Diese Schwarzmalerei entbehrt jeglicher Grundlage. Die Zahlen sind auch in der kürzeren Vergangenheit nicht so gestiegen, wie prognostiziert. 2017 (vor der Pandemie) stagnierten sie erstmals. Steigen würden sie hingegen, wenn die Angebotsseite ausgebaut würde – zu Lasten des ÖV.

Aktuelle Staus sind baustellenbedingt. Doch mit dem Bau der 3. Röhre sollten sie auch bei Unfällen weniger werden. Interessant ist aber, dass selbst bei viel Stau, der Verkehr im Schorentunnel fliesst und der Rückstau an dessen Ende sich in Grenzen hält. Ist hier effektiv eine Entlastung nötig?

Verkehr 2022-06-01 16:45
Verkehr am 1. Juni 2022 um 16:45 Uhr (Google Maps)

Man kann doch eine begonnene Planung nicht mittendrin abbrechen! Jetzt ist der falsche Zeitpunkt, auszusteigen.

Fakt ist:

Wann ist denn der richtige Zeitpunkt? Der aktuelle Projektstand genügt, um festzustellen, dass es in die falsche Richtung geht. Ein Planungsabbruch zum jetztigen Zeitpunkt erspart unnötige weitere Planungskosten und gibt Ressourcen frei für die Entwicklung anderer Lösungen.

Die Testplanung Güterbahnhof hat gezeigt, dass dieses Vorhaben städtebauliche Entwicklung in keiner Weise beeinträchtigt.
(Leader August 2022)

Fakt ist:

Im Schlussbericht zur Testplanung werden grosse Bedenken bezüglich städtebaulicher Verträglichkeit geäussert .
Schlussbericht zur Testplanung, Seite 36: „Nach Einschätzung des Beurteilungsgremiums konnte mit der Testplanung noch keine Lösung für eine qualitative städtebauliche Integration des Anschlusses Güterbahnhof, insbesondere im Kopfbereich an der Geltenwilenstrasse, gefunden werden. Dies bleibt für die weitere Planung eine anspruchsvolle Aufgabe.“

Zubringer Güterbahnhof und Liebeggtunnel entlasten das Stadtzentrum vom Verkehr.

Fakt ist:

Der Autobahnschluss am Güterbahnhof bringt zusätzlichen Verkehr ins Stadtzentrum, im Besonderen ins Stickereiquartier, für das aktuell eher Beruhigungsmassnamen vorgesehen sind. In Anbetracht dessen, dass die meisten Ziele im Stadtzentrum, namentlich die grossen Parkgaragen Unterer Graben, Burggraben und Brühltor sowie die Zufahrt zum Hauptbahnhof, über den Anschluss Kreuzbleiche direkter zu erreichen sind, stellt sich die Sinnfrage nach einem zusätzlichen Autobahnschluss St.Gallen-Zentrum. Die Befürchtung liegt nahe, dass die erwähnten Ziele dereinst sogar vermehrt via Umwege durch das Stickereiquartier angefahren werden – eine unschöne Offenbarung.

Mit dem den Ausbau der Verbindung Teufen–A1 wird deren Attraktivität gesteigert. Dies wird Verkehr anziehen, welcher bisher andere Routen oder andere Verkehrsmittel gewählt hat. Und weil die Verkehrsbeziehung Teufen–St.Margrethen über die St.Leonhard-Brücke führen wird, kann hier nicht zwingend von einer Verkehrsreduktion ausgegangen werden.

Wenn die dritte Röhre und ein Anschluss Güterbahnhof mit weiterführendem Tunnel Liebegg realisiert wird, dann fliesst der innerstädtische Verkehr wieder und die verkehrsgeplagten Quartiere werden wirkungsvoll entlastet.
(Bundesrat in seiner Botschaft zu STEP 2030)

Fakt ist:

Aktuell fliesst der Verkehr überall in der Stadt. Zwar würde das Quartier entlang der Teufener Strasse dank des Liebeggtunnels entlastet. Das ist aber nur ein Nebeneffekt des Projekts. Niemand nimmt mehr als eine Milliarde in die Hand um in einem einzigen Quartier den Verkehr zu beruhigen. Wenn schon, müsste man mit dieser Summe gleichzeitig alle verkehrsgeplagten Quartiere, also auch die Zürcher Strasse in Lachen, die Rorschacher Strasse im Krontal und die Langgasse entlasten.

DTV an den einzelnen Messstellen

  • Post Langgasse: 14‘052 (ab 2018)
  • Neudorf: 12‘917 (ab 2018)
  • Lerchenfeld: 12‘120 (ab 2018)
  • Teufener Strasse Liebegg: 12‘800 (AR 2018)

Ohne den Zubringer Güterbahnhof funktioniert die Engpassbeseitigung nicht. Die dritte Röhre könnte ihre theoretische Leistungsfähigkeit gar nicht abwickeln, weil es zu Stau bei den Anschlüssen käme. 

Fakt ist:

Diese Aussage wurde bis heute noch nicht belegt. Sie ist wenig glaubhaft, denn selbst bei Stau auf der A1 ist der Schorentunnel frei. Ein Rückstau bis zur Autobahn ist unwahrscheinlich.

Beim Bau von Zubringer und Anschluss Güterbahnhof geht es letztendlich um Gesichtswahrung. Der Ursprung der Idee eines direkten Zentrumanschlusses liegt im Projekt Südspange der Nullerjahre. Der damalige Stadtrat, vorwiegend mit Mitgliedern von FDP und CVP besetzt, musste die Südspange zähneknirschend aufgeben zugunsten der wesentlich günstigeren 3. Rosenbergröhre. Dabei wurde dem Astra ein Stummel der Südspange zum Güterbahnhof abgetrotzt. Es ist unwahrscheinlich, dass das Astra von sich auf diese Idee geklommen wäre.
Die nachträglich gelieferte Legitimation war, dass es eine Entlastung der St.Leonhard-Kreuzbleiche-Kreuzung braucht. Und weil man gerade schön in Fahrt war, wurde die zuvor beerdigte Idee des Liebeggtunnels als Verlängerung des Güterbahnhofzubringers wieder ausgegraben. Das Astra nahm den liebeggtunnel allerdings nicht ins Nationalstrassennetz auf.

«Nur die dritte Röhre alleine zu bauen würde nicht viel bringen, weil der Abfluss am Knoten Kreuzbleiche nicht funktionieren würde – was wiederum zu Rückstau auf die Stammstrecke führen würde.»
Marcel John, Kantonsingenieur St.Gallen in Leader August 2022

Fakt ist:

Angenommen, die Verkehrszahlen wären nach Vollendung der Engpassbeseitigung mit oder ohne Teilspange identisch, dann würde im Schorentunnel der Verkehr aus Richtung Zürich um soviel abnehmen, wie er im Feldlitunnel zunehmen würde. Diese Verkehrsmenge würde jedoch am neuen Knoten bei der St.Leonhard-Brücke bzw. der Geltenwilenstrasse landen, was die Verkehrsituation dort massiv belasten würde, womit schliesslich der Ausbau der St.Leonhard-Brücke begründet wird. Der Appenzeller-Verkehr Richtung Zürich ist vernachlässigbar, da dieser mehrheitlich den Weg via Herisau wählt.

Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verkehrszahlen mit oder ohne Teilspange identisch sein werden.

Verkehrszahlen Kanton St.Gallen

Die genauen Zahlen müssen noch herausgelesen werden. Es fehlt allerdings an entscheidenden Zählstellen.


«Das ist der Grund, warum der Anschluss Güterbahnhof notwendig ist: Damit man den Abfluss in die Stadt und ins Appenzellerland sicherstellen kann.»
Marcel John, Kantonsingenieur St.Gallen in Leader August 2022

Fakt ist:

Das Argument klingt gesucht. Mit dem gleichen Argument müsste auch der Abfluss Richtung Wittenbach im Neudorf sichergestellt werden. Nicht zuletzt wegen Rückstaus auf die Autobahn wurde dort der Stauraum vor ca. 15 Jahren vergrössert.
Man kennt es auch aus dem Wasserbau: Wer den Abfluss eines Sees ausweitet, vergrössert indirekt auch den Zufluss. Der Durchfluss wird grösser, was schliesslich die Quelle versiegen lässt. Die Stärkung der Quellen, also der Regionen, sollte das Zeil sein, damit nicht alles zum Meer, den grossen Zentren abfliesst und so das Angebot und somit die Lebensqualität der Regionen schmälert.

Das Argument, neue Strassenprojekte seien «in Zeiten der Klimakrise» nicht mehr vertretbar, verfängt nicht, weil der neue Autobahnanschluss ja gerade helfen würde, Emissionen zu reduzieren.
(Stephan Ziegler, stgallen24.ch)

Fakt ist:

Die Eröffnung der Teilspange ist für ca. 2040 geplant. Der Gestank reduziert sich ohnehin durch die Elektrifizierung des Verkehrs. Diese sollte bis dahin zu einem grossen Teil vollzogen sein.
Abgesehen davon: Auch in Tunnels entstehen Abgase.

Die Teufener Strasse leidet unter Verkehr. Nachdem sich nach der Eröffnung des Liebeggtunnels der Verkehr auf der Teufener Strasse reduziert, kann diese als flankierende Massnahme beruhigt und aufenhaltsgerecht umgestaltet werden.

Der grosse Platz an der Ecke Demutstrasse, Teufenerstrasse kann neu gestaltet werden. ... Ob im Riethüsli, im Tschudiwies oder in St.Georgen. Es wird Platz frei für die Menschen.
(Komitee "Unser Lebensraum")

 

Fakt ist:

Auch nach einer Eröffnung des Liebeggtunnels bleibt die Teufener Strasse eine Kantonsstrasse. Dies gilt auch für die Geltenwilenstrasse und den kurzen Abschnitt der Oberstrasse dazwischen. Dies, weil diese Route als Bedarfsumleitung für den Liebeggtunnel, im Fall einer Schliessung, funktionieren muss. Es werden weiterhin Linienbusse verkehren. Daher gibt es wenig Spielraum für einen Rückbau.

Aus heutiger Perspektive zu erwartende flankierende Massnahmen

 

Der öffentliche Verkehr wird von staubefreiten Strassen profitieren. Die Teilspange entlastet Strassen mit ÖV-Linien.

Fakt ist:

Das trifft fpr einige Strecken zu. As wird auch Stellen geben, wo der ÖV wesentlich stärker behindert wird als heute. Das gilt besonders für den Knoten bei der St.Leonhard-Brücke. Über die St.Leonhard-Brücke verkehren acht Buslinien.

Mit separaten Spuren und Bevorzugung an Knoten kann der ÖV ohne Autobahnzubringer an Staus vorbei geführt werden.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Teufener Strasse werden vom Verkehr entlastet.

Fakt ist:

Es handelt sich hier vorwiegend um Wohnungen mit tieferem Mietzins. Warum sind die Mieten an der Teufener Strasse tief? – Weil die Wohnungen aufgrund der Belastung durch die Strasse unattraktiv sind. Entsprechend tief bewertet sind die Liegenschaften.

Wie wird sich der Mietzins entwickeln, wenn der Verkehr an der Teufener Strasse abnimmt? – Der Wert der Liegenschaften wird steigen, in der Folge auch die Mieten. Eine Gentrifizierung wird die Folge sein. Doch wohin sollen dann die aktuellen Mieterinnen und Mieter ziehen?

Für die Hausbesitzende wäre die Aufwertung der Teufener Strasse wie ein Lottogewinn: Ohne dass sie einen Finger krümmen müssen, steigt der Wert ihrer Liegenschaften massiv, und sie können die Mieteinnahmen vervielfachen. Dieser Mehrwert müsste abgeschöpft werden können.

Gentrifizierung in Zürich West (PDF)